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Um auf das Phänomen der Kindesentfremdung aufmerksam zu machen, wird der 25. April auch in diesem Jahr als internationaler Tag der Eltern – Kind – Entfremdung begangen. Bereits seit 2006 wurde er als Aktionstag eingeführt und verzeichnet inzwischen eine weltweite Beteiligung, um immer wieder auf das Problem hinzuweisen und die Familien dafür zu sensibilisieren. 

Kinder werden in zerstrittenen oder getrennten Familien nicht selten von Elternteilen, Großeltern oder anderen Familienangehörigen entfremdet!
Die Entfremdung eines Kindes zieht oft große Kreise! Betroffen ist nicht nur der getrennte Elternteil, sondern mitunter der gesamte Familienzweig, der dazugehört, wie Großeltern, Tanten, Onkels, Cousinen und Cousins usw. Ihnen allen wird der Kontakt zu den verwandten Kindern verwehrt.

So auch im Fall von Sabine B.: Ihre Tochter kommt 2015 bei einem Autounfall ums Leben. Zurück bleiben ihre zwei Kinder im Alter von ein und vier Jahren, der Ehemann (der allerdings schon wieder eine Geliebte hat), ihre Eltern, ihr Bruder, der gerade im Begriff ist, zu heiraten und viele weitere Verwandte.
Ein viertel Jahr nach dem Unfall bricht der Schwiegersohn kategorisch den Kontakt zu allen Familienangehörigen seiner verstorbenen Frau ab. Zurück bleiben verstörte und seelisch verletzte Menschen – Erwachsene wie Kinder!
Den zwei halbweisen Kindern wird alles, was ihre Mutter betrifft verschwiegen. So haben sie innerhalb weniger Wochen nicht nur die Mutter, auch die Großeltern, Onkel, Tante und Cousinen verloren. Auch das Familiengericht urteilt dazu im Jahr 2017 im Sinne des „Kindeswohls“ für einen Kontaktabbruch und vorerst keinerlei Begegnung mit den Verwandten. Die Entfremdung beginnt, sich wie eine Krankheit auszubreiten!
Was das mit den Kindern, den Großeltern und den anderen Familienmitgliedern macht, ist unsäglich traurig und gefährlich dazu.

Der amerikanische Kinderpsychiater Richard A. Gardener bezeichnete es in seinen Nachforschungen als Eltern – Kind – Entfremdungssyndrom (PAS), welches in nahezu gleicher Weise auch auf die Enkel – Großelternbeziehung übertragen werden kann. Laut Gardener tritt das Syndrom dann auf, wenn eine Elternseite bewusst oder unbewusst versucht, das Kind – in dem Falle von den Großeltern zu entfremden. Bei den Kindern äußert es sich besonders in der Übernahme von Äußerungen und Verhaltensweisen der Erwachsenen:

  • Abwertung der Großeltern im Beisein der Kinder.
  • Schwache, absurde oder alberne Äußerungen über einen Teil der Großeltern (z.B. „Oma stinkt!“)
  • Permanente Unterstützung des Kindes in seiner ablehnenden Haltung (z.B.: Opa kann dich nicht mehr leiden!“)
  • Gebrauch von Redewendungen und Szenarien, die dem Kind die Ablehnung des Elternteils gegenüber den Großeltern deutlich macht. (z.B.: „Die brauchen wir nicht mehr!“)
  • Abwertung nicht nur der Großeltern, sondern auch anderer Familienmitglieder und deren Freunde.

Dieser Prozess läuft meist sehr subtil und verdeckt ab, dass dem betreuenden Elternteil gar nicht immer bewusst wird, was er „anrichtet“. Was am Ergebnis allerdings nichts ändert: Das Kind ist in jedem Fall ein Opfer psychischer und seelischer Misshandlung und diesem Vorgang schutzlos ausgesetzt.

Solche seelischen Belastungen wirken sich unweigerlich auf die Psyche der Kinder (aber auch auf die der Großeltern) aus. Es geht um Identität, Vertrauen, Liebes- und Beziehungsfähigkeit mit nahezu unvorhersehbaren Folgen in der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden.
Für die Großeltern bedeutet es den seelischen und körperlich spürbaren Verlust einer innigen Liebes- und Vertrauensbeziehung. Sie fühlen sich zurückgewiesen und betrogen, was sich oft auch in körperlichen Symptomen äußern kann! Viele von ihnen werden seelisch oder auch körperlich krank!

Betroffene Großeltern, die den Kontakt zu den Enkelkindern verloren haben, sollten immer wieder versuchen, durch Gespräche oder andere Gelegenheiten der Kontaktaufnahme mit den betreuenden Elternteilen in Verbindung zu bleiben. Manchmal genügt es schon, wenn eigene Versäumnisse oder Fehler eingestanden und benannt werden. Großeltern dürfen ruhig in Vorleistung gehen und Achtung, Großzügigkeit und Vergebung ins Spiel bringen. Bei allen Schwierigkeiten und Konflikten sollten sie eins nicht vergessen: ihre Enkelkinder gäbe es ohne deren Eltern nicht auf dieser Welt!
Ein Schritt, der Überwindung kostet, aber oft der einzige ist, der gegangen werden kann, um dieses Ziel zu erreichen:

„Das Band der Erinnerung darf niemals abreißen!“

Das ist nur mit Geduld und Einfühlsamkeit in das komplizierte „Familiensystem“ und der daran Beteiligten erreichbar. Aber der Einsatz lohnt sich! Bleiben Sie gesprächsbereit und erreichbar. Es lohnt sich immer, um eine enge Beziehung zwischen Enkelkindern und Großeltern zu kämpfen – für beide Seiten!

 

Verfasser S.B.